Stolpersteinverlegung am 29. Oktober

Erinnerung an ehemalige jüdische Familien und Ehepaare

Im 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in Borken eine große jüdische Gemeinde. So lebten um das Jahr 1900 knapp über 200 Jüdinnen und Juden in der Stadt, die damals gerade einmal 1.300 Einwohner zählte Der Anteil der jüdischen an der Gesamtbevölkerung betrug zeitweilig 15 Prozent.

Die jüdischen Bürger arbeiteten als Viehhändler, Metzger, Kaufleute, Verleger, besaßen vor allem in der Altstadt Geschäfte jeglicher Art, handelten mit Saatgut, Büchern, Hüten, Kolonialwaren und Textilien. Sie gestalteten das lokale Wirtschaftsgeschehen erfolgreich mit und nahmen aktiv am gesellschaftlichen Leben teil.

1933 lebten noch 144 Juden n Borken. Unter der antisemitischen und von Rassenwahn geprägten Politik des NS-Regimes waren sie fortan Drangsalierungen, Gewalt, Ausgrenzung und Feindseligkeit ausgesetzt. Einigen gelang die Flucht. Sie emigrierten rechtzeitig ins Ausland. Andere blieben in ihrer Heimat. Viele von ihnen starben als Opfer des Holocaust in Auschwitz, Treblinka, Kowno, Riga, Theresienstadt und anderen Todeslagern des NS-Regimes.

Der bekannte Künstler Gunter Deming wird am Sonntag, 29. Oktober, um 15 Uhr zur Erinnerung der Opfer des nationalsozialistischen Rassenwahns Stolperseine in der Borkener Kernstadt verlegen und damit Erinnerungsorte an die jüdische Bevölkerung Borkens schaffen.

Die Veranstaltung beginnt auf dem Marktplatz vor dem Historischen Rathaus, wo gleich zu Beginn vier Stolpersteine für die Familie Rosenbusch in der Marktstraße verlegt werden. Einige Nachfahren dieser Familie werden an der Stolpersteinverlegung teilnehmen. Unter anderem wird Yehudit Shendar an ihre Vorfahren erinnern. Frau Shendar arbeitete viele Jahre für die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem und führte u.a. den US-Präsidenten Barack Obama durch die dortige Ausstellung.

Auch Zivkas Leichtentritt und seine Schwester aus Tel Aviv haben sich angekündigt. Die Stadt Borken hofft, dass die beiden Gäste aufgrund der dramatischen aktuellen Entwicklung jn Israel tatsächlich kommen können. Zivkas ist Nachfahre von Hermann, Jenny, Günter und Ernst Leichtentritt, denen 1933 die Flucht nach Palästina gelang. Die Eheleute Hermann und Jenny führten einen Buchladen in der Bahnhofstraße und gaben von 1926 bis 1933 die Borkener Zeitung heraus.

Weiterhin wird der Borkener Jüdin Adele Rosenmund gedacht, die 1941 nach Minsk deportiert wurde. Ihr Schicksal ist unbekannt. Auch für die Familie Lehrberger und das jüdische Ehepaar Kaiser werden Stolpersteine verlegt. Leopold Lehrberger wurde 1944 in Riga ermordet.

Die Stolpersteinzeremonie wird musikalisch von dem jüdischen Musiker Dany Bober aus Wiesbaden begleitet. Noreen Meyer, ihre Kinder und Annett Vestweber-Kachorowski spielen auf der Violine.

Die Veranstaltung wird von der Stadt Borken (Hessen) und dem Geschichtsverein Borken organisiert. Gerade jetzt erscheint es in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen und antisemitischen Terrors in Israel und dem Wiedererstarken des Rechtsradikalismus in Deutschland wichtig, auch auf lokaler Ebene an die jüdische Geschichte zu erinnern.

Die Verlegeorte befinden sich in der Marktstraße, in der Bahnhofstraße und in der Dr. Eckener-Straße. Die Veranstaltung wird von 15:00 bis ca. 17:00 Uhr dauern. Um sie nicht durch Verkehrslärm zu stören, werden die Straßen rund um den Marktlatz und der obere Bereich der Bahnhofstraße kurzfristig gesperrt.

Die Borkener Bevölkerung und Interessierte sind herzlich eingeladen, an den Stolpersteinverlegungen teilzunehmen. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. 

 

Folgender Ablauf ist vorgesehen:

  • Marktplatz vor dem Historischen Rathaus
    - Musikalische Begrüßung durch den jüdischen Sänger und Gitarristen Dany Bober, „Yerushalayim shel sahaw“ („Goldenes Jerusalem“)
    - Begrüßung durch die Stadt Borken, Bürgermeister Marcèl Pritsch
    - Redebeitrag zum Schicksal der Familie Rosenbusch durch eine Nachfahrin
    - „El maale rachamim“ („Erbarmungsvoller Gott“) Totengebet von Dany Bober
    - Verlegung der ersten Stolpersteine in ca. 100 m Entfernung vor dem ehem. Wohnhaus der Familie Rosenbusch in der Marktstraße.

  • Bahnhofstraße, vor der Raiffeisenbank
    - Musikstück: Noreen Meyer mit Kindern und Annett Vestweber Kaczorowski Violine und Cello
    - Redebeitrag von Ingo Sielaff, Historiker, zu Adele Rosenmund
    - Violinen- und Cellomusikstück
    - Rede der Stadt Borken (Hessen), Stadtverordnetenvorsteher Michael Weber
    - Redebeitrag Zvikas Leichtentritt, Nachfahre der ehem. jüdischen Familie Leichtentritt; / Hinweis: Aufgrund der aktuellen Situation in Israel ist eine Teilnahme des Nachfahren nicht sicher.
    - Musik Dany Bober: „Sog nit kejnmol“  („Sage niemals, Du gingst den letzten Weg“)
    - Verlegung von vier Stolpersteinen durch Gunter Demnig

  • Bahnhofstraße, Kreisel bei der Bäckerei in der Nähe des Brunnenschachts
    - Musik: Dany Bober: Friedensmedley: Psalm 128 v. 6-8 Jewarechecha („Es segne Dich“ der Herr), Osse Schalom Bimromav („Er, der Frieden stiftet in seinen Höhen“), Hewenu Schalom alechem („Wir bringen Euch Frieden“)
    - Beitrag des Vereins zur Rettung der Synagoge Felsberg, Annette Willing
    - Redebeitrag  Hans-Peter Klein, Melsungen;
    - Verlegung von Stolpersteinen zur Familie Lehrberger

  • Dr.-Eckener-Straße 2, Ehem. Pfarrhaus der kath. Kirche
    - Musik: Dany Bober aus Psalm 149 „Shiru L´adoshem shir chadash“ („Singt dem Herrn ein neues Lied“)
    - Redebeitrag: Johannes Grötecke, Bad Wildungen, zum jüd. Ehepaar Kaiser
    - Verlegung von 2 Stolpersteinen für das Ehepaar Kaiser
    - Abschlussworte: Bürgermeister Marcèl Pritsch, Stadt Borken (Hessen)
    - Musikalischer Ausklang: Dany Bober: Psalm 126

  • Ende: ca. 17 Uhr

 

Die Stolpersteinverlegung ist eine gemeinsame Veranstaltung der Stadt Borken und des Geschichtsvereins Borken e.V.